Schützenhilfe bei der Einheitsfeier Mönchengladbach in der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober 1990
Freude auf Deutschland im vereinten Europa
Mönchengladbach. War das ein Fest! Jung, laut, fröhlich – so feierte Mönchengladbach in den 3. Oktober 1990 hinein. Kaum zu glauben, wie dichtgedrängt die Menschen auf dem Kapuzinerplatz standen. So viele waren gekommen, dass schon um 22 Uhr das Bier knapp wurde. Kein Problem, gefeiert wurde auch ohne Alkohol. Die Stimmung war entscheidend. Wenn auch der eigentliche Festakt in Berlin über die Bühne ging, so war doch allen in Mönchengladbach bewusst: Wiedervereinigung findet auch bei uns statt. Die Rheinische Post berichtete am nächsten Morgen: „Mehr als 40.000 Menschen überfüllten die Oberstadt, sangen, tanzten und lagen einander um Mitternacht im Schein des Feuerwerks in den Armen.“
Mönchengladbach schenkte sich zur Einheit ein Riesen-Fest. Dabei hatte der städtische Haushalt die Wiedervereinigung nicht auf dem Plan. Wie auch. Zwischen dem Mauerfall am 9. November 1989 und dem Tag des förmliche Zusamennschlusses von Ost und West lagen nicht einmal zwölf Monate. Weil aber deshallb für das unerwartete Ereignis nichts im Stadtsäckel zurückgelegt war, drohte in Mönchengladbach ein freud- und festloser 3. Oktober. Dass es anders kam, ist den Schützen zu verdanken. Sie übernahmen auf Bitten der zuständigen städtischen Amtes kurzerhand die förmliche Ausrichtung des Freudentages, bekamen Geld von Sponsoren und durften um Mitternacht Flagge zeigen.
Das war ein Auftritt mit Hindernissen. Die junge Band „Young People“ und das altersgerecht aufgeheizte Publikum waren zunächst wenig begeistert, als der 90.1-Moderator am 2. Oktober 1990 eine halbe Stunde vor 0 Uhr um ein wenig Ruhe bittet. Die RP berichtet: „Die Bruderschaften der Stadt haben Mühe, ihre Abordnung zur Bühne zu bringen, wo der Zapfenstreich mit der Europahymne ´Freude schöner Götterfunken´ die letzten Minuten vor Mitternacht einleitet. Die Schützen tragen die Europaflagge.“ Doch die Zeremonie kommt an – als Zeichen für „ein friedliches und fröhliches Deutschland in einem vereinten Europa.“ So sagt es der damals 32jährige Bezirksbundesmeister Horst Thoren.
Als mit den Raketen des tosenden Feuerwerk viele guten Wünsche gegen Himmel steigen, gibt es kein Halten mehr. Etliche drängen nach vorne, um ihr persönliches Erinnerungsstück an die Geburtsstunde eines neuen, anderen Deutschlands zu ergattern. Sie erklimmen die Fahnenmasten. Zunächst versucht die Polizei, sie daran zu hindern. Schließlich gibt sie sich der fröhlichen Menge geschlagen und lässt selbst die Fahnendiebe gewähren.
Das Riesenfest blieb friedlich, dauerte bis zum frühen Morgen und ließ den einen oder anderen den Heimweg mit Schwarz-rot-goldenen Umhang antreten. Was mit Zehntausenden begann, endete in kleinen Gruppen, die noch länger zusammenstanden oder saßen. Das war selbst im Polizei-Bully am zentralen Festplatz so. Da hatten drei Beamte weit nach Mitternacht Pizza bestellt. Und irgendwann fragte einer per Funk nach der Ablösung. Die Stimme aus der Wache klang erstaunt: „Wie Ablösung? Der Einsatz ist seit Stunden zu Ende.“
Die Gladbacher Schützen mit dem damals 32jährigen Bezirksbundesmeister Horst Thoren (rechts) trugen zur Einheitsfeier in der Nacht zum 3. Oktober 1990 die Europaflagge. Die RP zitiert Thoren am nächsten Morgen: „Wenn Deutschland nach 45 Jahren der Trennung in Freiheit zusammenwächst, freuen wir uns und hoffen, dass bald auch Europas Einheit vollendet wird.“
In der Nacht zum 3. Oktober 1990 auf dem Kapuzinerplatz. Vor der Bühne drängelten sich die Menschen. Auf der Bühne spielen die Young People aus Wesel-Brünen vor vor allem jungen Publikum, das die "Nacht der deutschen Einheit" feiert.
Fotos: Udo Dewies